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Forschung


Zündholzfabriken im Kanton Neuenburg


Obwohl die Voraussetzungen für die Zündholzfabrikation im Kanton Neuenburg gut gewesen waren, hat es nur eine eigentliche Zündholzfabrik gegeben. Diese befand sich in Fleurier. In mehreren Dokumenten wird das Gründungsjahr mit 1889 angegeben. Von wem die Fabrik gegründet worden ist, und an welchem genauen Datum ist uns nicht bekannt.




Im Amtsblatt vom Kanton Neuenburg aus dem Jahre 1891 finden wir eine erste Eintragung in der die Liegenschaft mit Fr. 90'000.- und die Maschinen und Einrichtungen mit Fr. 220'000.- beziffert werden.

Aus einer Statistik des Schweiz. Arbeitsinspektorates aus dem Jahre 1894 entnehmen wir, dass in der Zündholzfabrik Fleurier damals bereits 18 Arbeiter beschäftigt waren. Auch wird dort erwähnt, dass ausschliesslich Sicherheitszündhölzer produziert worden sind.

Mit diesen 18 Arbeitern gehörte Fleurier damals zu den mittelgrossen Zündholzfabriken in der Schweiz. Die grössten Fabriken waren die Firma Schätti in Fehraltorf (Kanton Zürich) mit 68 Arbeitern und die Firma August Karlen in Wimmis (Kanton Bern) mit deren 62. Daneben gab es auch Kleinstbetriebe mit lediglich 2 Arbeitern.

Die Fabrik war den damaligen Verhältnissen entsprechend maschinell sehr gut ausgerüstet, wodurch mit der relativ geringen Arbeiterzahl dennoch ein grosser Ausstoss erfolgte. Die Sicherheitszündhölzer aus Fleurier genossen bei der Bevölkerung scheinbar keinen guten Ruf. Dies schlug sich auf den Absatz aus. Jedenfalls kam es bereits im Jahre 1896 zur Liquidation der Fabrik. Aus dem Liquidationsprotokoll vom 15.Juni 1896 geht hervor, dass es sich bei der Firma um eine Aktiengesellschaft gehandelt hat.

Bereits ein Jahr später, am 28.Juni 1897 wir eine neue Aktiengesellschaft gegründet. Diese läuft unter dem Namen „Nouvelle Fabrique Suisse d’Allumettes“. Die bereits bestehenden Fabrikationsgebäude werden übernommen. Bei der Fabrikgründung besteht ein Aktienkapital von Fr. 200'000.- bestehend aus 400 Aktien zu je Fr. 500. Die Statuten der neuen Firma sind vorhanden. Darin ist unter anderem zu lesen, dass der Inhaber von 1 bis 5 Aktien an der Generalversammlung mit einer Stimme vertreten ist, mit 6 bis 10 Aktien deren zwei Stimmen hat usw. Ebenfalls wird ein Reserve-Fond für aussergewöhnliche Fälle in Höhe von Fr. 50'000.- geschaffen.

Bei der Konferenz der eidg. Fabrikinspektoren vom 22.März 1900 wird bestätigt, dass es sich bei der Fabrik in Fleurier um eine gut ausgestattete Fabrik handelt in der die vom Fabrikinspektorat verlangten Massnahmen genaustens befolgt würden.

Im Jahr 1914 stellt Fleurier an der Landesausstellung in Bern ihre Produkte aus und wird dafür mit einer Silbermedaille ausgezeichnet.

In einem Eintrag im Handelsregister vom 2.September 1916 wird dem Firmennamen zusätzlich die Bezeichnung S.A. (Société Anonyme = Aktiengesellschaft) angehängt.

Im Jahre 1923 beginnt Fleurier auch mit der Produktion von überall entzündbaren Zündhölzchen. Dabei gibt es Probleme, da die beiden Züdholzarten aus Sicherheitsgründen nicht auf den gleichen Maschinen produziert werden dürfen.

Zwischen 1920 und 1923 gerät Fleurier wie viele andere unabhängige Zündhölzchen-Hersteller unter den Einfluss des Schwedischen Konzerns von Ivar Kreuger und der Svenska Tändsticks AB. Diese erlangen die Stimmenmehrheit in Fleurier. Im Jahre 1924 wird eine neue Komplettmaschine angeschafft. Diese Investition war nur dank des Schwedischen Kapitals möglich.

Den ersten offiziellen Hinweis, dass Fleurier „schwedisch“ geworden ist finden wir in Dienstbarkeitsverträgen aus dem Jahre 1927. Eine amtliche Erwähnung ist erst im Eintrag in das Handelsregister vom 22.Dezember 1933 zu finden. In den Verwaltungsrat wird Gustav Widgren, schwedischer Staatsbürger berufen. Widgren kam bereits 1932 nach dem Zusammenbruch des Kreuger-Konzerns nach Nyon. Seine Aufgabe bestand nun darin, die beiden Fabriken Nyon und Fleurier zu sanieren. Ein schwieriges Unterfangen, denn ab 1935 wurden aus Russland Unmengen Zündhölzer zu Dumpingpreisen importiert. Dadurch musste die Produktion massiv gedrosselt werden. 1936 kam es zunächst zur Stilllegung der Fabrik in Wengi und 1938 zur Schliessung der Fabrik Zumstein in Wimmis. Auch Fleurier konnte sich nicht mehr behaupten und musste die Produktion aufgeben. Mit dem Eintrag in das Handelsregister vom 15.Oktober 1938 erfahren wir, dass sich die Aktiengesellschaft aufgelöst hat. Zuletzt waren in Fleurier 22 Mitarbeiter beschäftigt, denen gekündigt werden musste. Den Betroffenen wurden – ähnlich einem heutigen Sozialplan – Abfindungen oder Pensions-Renten ausbezahlt.

In den Jahren 1917 bis 1921 existierte im Kanton Neuenburg eine zweite Fabrik welche allerdings nur sog. Feueranzünder produzierte. Es handelte sich um die Firma Schneider frères & Cie. fabrication et vente des allumefeu briquettes in Hauts-Geneveys.

Wie diese Feueranzünder ausgesehen haben ist uns leider nicht bekannt. Um sie auch den Zündhölzchen zuzuordnen, müsste bekannt sein ob es eine Reibfläche gegeben hat. Entsprechende Unterlagen aus dieser Zeit sind leider keine vorhanden.

Schweizerisches Zündholzmuseum, Ernst Glanzmann Mai 2016